Falstaff in Wiesbaden

"Tutto nel mondo è burla" – das ganze Leben ist ein Spaß! Die Schlussfuge aus Giuseppe Verdis Oper letzter Oper symbolisiert in Kürze das Motto dieser Aufführung: Was kümmert uns das Durcheinander um den vergangenen Intendanten, jetzt wird befreit losgelegt! Von den Strapazen hat man nichts gemerkt, der rote Teppich vorm Theater war ausgerollt. Der erst 28 Jahre alte Österreicher Noah L. Perktold, bekannt als Schauspieler und feuergetauft als Macher von Schnitzlers "Komödie der Worte", lieferte seine allerste Opernregie ab - Chapeau für seine Ideen und die Umsetzung, die auch auf das Konto von Silvia Gatto gehen, die (Vorsicht, Klischee!) als Italienerin die Feinheiten des italienischen Librettos kennt und als Co-Regisseurin auch ihre Opernerfahrung einbringen konnte.

Im Shakespeares Komödie von den "Lustigen Weibern von Windsor", die Vorlage, geht um den schon in die Jahre gekommenen Dickwanst Sir John Falstaff, der zwei verheiratete Frauen gleichzeitig verführen will, um an deren Geld zu kommen. Das ist zeitloser Stoff, hier sind wir in den 1950er, 60ern, Falstaffs blaues Cabriolet ist eine Schrottkiste, er ist am Ende, sitzt am Campingtisch, um ihn leere Flaschen. Die Damen kommen elegant damenhaft in ihrem Pettycoat-Look daher, sind aber ziemlich resolut und holen gleich zu Beginn mit der Jagdflinte einen Vogel vom Himmel. - Das Ist also kein gegen den Strich gebürsteten Falstaff, sondern eine Inszenierung, die amüsiert, die leicht ist, nicht mehr und nicht weniger. Mit einem Falstaff, der nicht dümmlich und dickbäuchig wirkt, der einem am Ende sympathisch ist - weil er dann doch über sich selbst lachen kann.

Der Bariton Željko Lučić, den das hessische Opernpublikum gut kennt, zehn Jahre hat er an der Oper Frankfurt gesungen und dann seine Karriere an Häusern wie der Mailander Scala oder der New Yorker Met fortgeführt, er schwimmt in der Rolle wie ein Fisch im Wasser, hat den Schalk im Nacken und das Gold in der Kehle, eine große Stimme, sein Spiel, seine Bühnenpräsenz, seine Zugewandtheit zum Publikum sind wichtige Pluspunkte für diese Inszenierung. Auch die anderen Sängerinnen und Sänger brauchen sich nicht zu verstecken, etwa Romina Boscolo als Mrs. Quickly, köstlich, wie sie Falstaff an der Nase herumführt, ihre tiefen Töne sind beeindruckend.

Der Italiener Antonello Allemandi dirigiert das Orchester sehr gut, sehr farbenreich, im Zusammenklang mit den Sängern in den großen Ensembleszenen fehlt noch die souveräne, lässige Präzision, vielleicht auch der Premierennervosität geschuldet. Alles in allem sollte man diese geniale, ganz ungewöhnliche Partitur des 80-jährigen Verdi unbedingt erleben. Es lohnt sich!


Unser Bild zeigt Željko Lučić als Falstaff

Sendung: hr2-kultur, 3.5.2024, 7:30 Uhr