Audio La Juive - zeitgemäß, stimmgewaltig, erschütternd gut
Fromental Halévys Grand Opéra "La Juive" in der Premiere an der Oper Frankfurt: Das Stück spielt vor dem Hintergrund des Konzils von Konstanz 1414 – dort sollte die Einheit der Kirche wiederhergestellt werden. Rachel ist die Tochter des jüdischen Goldschmieds Eleazar, hat sich in einen Mann verliebt (der nur vorgibt, Jude zu sein), hat ein Verhältnis mit ihm (er heißt in Wirklichkeit Leopold, ist christlicher Reichsfürst und mit der Nichte des Kaisers verheiratet...). Das findet sie heraus und klagt Leopold als Verführer an – und als Christen, der sich mit einer Jüdin eingelassen hat. Eleazar, Rachel und Leopold werden zum Tode verurteilt. Und dieser Spirale aus Rache, Hass, Antisemitismus und Liebe versuchen sich die drei zu entkommen. Erschreckend aktuell – eine gespaltene Gesellschaft auf der Suche nach einem gemeinsamen Feind.
Sängerinnen und Sänger überzeugen auf ganzer Linie und noch darüber hinaus. Bei der Premiere in Paris war "La Juive" mit den größten Stars besetzt, das Frankfurter Ensemble kann da locker mithalten: Allen voran Ambur Braid als Rachel – am Anfang noch mädchenhaft-zurückhaltend, dann stimmlich nicht mehr zu bremsen. Gerard Schneider als Leopold – der einen schwierigen Spagat zwischen Augenzwinkern und großen Gefühlen bewältigt. Königin des Zwischenapplaus ist Monika Buczkowsa als Eudoxie, die Frau Leopolds – eine Naturgewalt. Ebenso wie John Osborn als Eleazar – der alleine die komplette Bühne füllen kann - mit Stimme und Ausdruck. Wirklich ganz großes Können. Bravi nicht zuletzt an den Chor, der eine unglaublich wichtige Rolle spielt – eben um diese musikalische Drohkulisse aufzubauen, aber auch um zu zeigen, wie Hass entsteht. Denn beim Konzil wollte man sich einigen – und das passiert eben auch, indem man sich von anderen abgrenzt – und das zeigt der Chor auf erschreckende und realistische Weise.
Diese Oper rüttelt durch und erschüttert – La Juive in Frankfurt geht ins Mark und hallt lange nach.
Senduing: hr2-kultur, 17.6.24, 7:40 Uhr