Plakat zu Die Unbeugsamen 2

Vor genau drei Jahren kam ein ungewöhnlicher Dokumentarfilm in die Kinos: "Die Unbeugsamen" portraitierte Frauen wie Rita Süßmuth, Petra Kelly oder Hertha Däubler-Gemlin in der Bonner Republik, die um Teilhabe an der Politik gekämpft und sich einen Platz in der politischen Männerwelt erkämpft haben. Jetzt kommt "Die Unbeugsamen“ Teil Zwei, "Guten Morgen ihr Schönen", es geht um Frauen in der DDR. Der Film konzentriert sich im Gegensatz zum ersten nicht auf die große Politik sondern auf den kleinen Alltag, und das gelingt sehr gut durch die Mischung aus frühen Dokumentationen, Interviews von heute, Filmausschnitten und Songs aus der DDR. Das ist sehr aussagekräftig, braucht keinen Erzähltext, ist sehr persönlich und ist zum Teil einfach auch sehr amüsant.

Bekannter Titel - unbekannte Schicksale

Im Filmtitel steckt der Buchtitel „Guten Morgen du Schöne" der DDR Schriftstellerin Maxi Wander, die Autorin interviewte in den 1970er Jahren Frauen unterschiedlicher Herkunft über ihre Alltagserfahrungen, Befindlichkeiten und Wünschen. Maxi Wander sagte auch, "Frauen wollen Menschen werden, Männer wollen was erreichen“, auch dieses Zitat steckt in diesem Film, der als ein buntes, vielseitiges, gleichzeitig humorvolles und erschütterndes Mosaik ein Gesellschaftsbild zeichnet, von dem viele von uns vielleicht bisher gar nicht so viel wissen, obwohl es eben auch zu Deutschland bzw deutscher Geschichte gehört. 

Zu Wort kommen keine Politikerinnen, sondern Künstlerinnen, Schauspielerinnen, Journalistinnen, Frauen aus den Betrieben. Während der Staat vor allem berufliche Gleichberechtigung einforderte, weil er eben die weiblichen Arbeitskräfte auch in sogenannten Männerberufen brauchte, war diese Emanzipation im familiären Alltag schwierig bis unmöglich. Das lag vor allem an den Männern, die wollten Hausfrauen, die sich um Haushalt und Kinder kümmerten, das Essen auf den Tisch brachten und möglichst keinen eigenen Willen hatten und somit auch nicht zu einer emanzipatorischen Konkurrenz werden konnten. Wie sich die DDR Frauen wahrgenommen haben und wie sie sich gewehrt haben, zeigt dieser Film mit einer großen Leichtigkeit sehr eindrucksvoll.

Arbeiterinnen, keine Hausfrauen

Da ist zum Beispiel Katrin Seyfarth. Sie gibt im Stahlwerk Maxhütte in Thüringen als Erste Blockwalzerin Anweisungen, starke Männer in schweren Schutzanzügen tanzen nach ihrer Pfeife und Seyfarth sagt in einem früheren Dokumentarfilm, früher haben diese Arbeit nur Männer gemacht, ich bin hier erste die zweite Frau und die erste Jugendliche. 40 Jahre später erzählt sie Regisseur Torsten Körner etwas belustigt, wie ihr ein Kollege Ohrfeigen angedroht hatte, wenn sie weiter so viele Fehler mache.

Fast belustigend im Rückblick ist auch ein Filmausschnitt, in dem ein Mann seiner Frau verbieten will, zu arbeiten, in die Kneipe zu gehen und Freizeit außerhalb von Haushalt und Kinder zu haben, wie er im lauten Streit den Frühstückstisch umkippt und die beiden in eine handfeste Schlägerei geraten. Lächerlich und vielleicht überzeichnet, aber eben leider auch wahr - oder diese Szene aus einem der bekanntesten DDR Filme, aus Solo Sunny, nach dem One Night Stand, wenn sie aufsteht und sagt, Is ohne Frühstück und den verdutzten Mann einfach links bzw im Bett liegen lässt - und etwas verstörend ist ein bekannter Kunstprofessor, der einer Studentin bescheinigt, heiraten Sie und kriegen Sie Kinder, Kunst ist nichts für Sie.

 Wie zeigt der Film den Frauenalltag in der DDR?

 Der war in jeder Hinsicht vielseitig und sehr anstrengend. Weibliche Talente wurden, wenn sie regimetreu waren, gut gefördert, behindert allerdings durch das Macho Gehabe der Männer. Es gab die gesetzliche Gleichberechtigung im öffentlichen Raum, die reicht aber nicht bis in die Familie und auch nicht in die Männerwelt der Politik, ins Politbüro kam noch nicht mal Bildungsministerin Margot Honecker. Wer arbeiten geht, geht nach der Arbeit einkaufen und kümmert sich am Abend auch noch um Kinder und Küche. Eine Frau sagt im Film, Hexerei war im Alltag integriert. Regisseur Torsten Körner lässt in seinem Film Träume und Sehnsüchte auf Wirklichkeit und Widerstände prallen. Und vor allem zeigt er selbstbewusste, starke und rebellische Frauen, die sich durchsetzen. Aber auch oft einfach sehr müde sind.Der schlimmste Fehler der Frauen, auch das ein Zitat, sei mangelnder Größenwahn.

 Und wie packt Regisseur Torsten Körner das alles zusammen?

Der Film konzentriert sich im Gegensatz zu den ersten Unbeugsamen eben nicht auf die große Politik sondern auf den kleinen Alltag, und das gelingt sehr gut durch die Mischung aus frühen Dokumentationen, Interviews von heute, Filmausschnitten und Songs aus der DDR. Das ist sehr aussagekräftig, braucht keinen Erzähltext, ist sehr persönlich und ist zum Teil einfach auch sehr amüsant. Körner kriegt das ziemlich gut hin, obwohl oder grade weil er keine Frau und auch kein Ostdeutscher ist, er hat genau die ironische Distanz, mit der dieser Film einen wichtigen Teil deutscher Geschichte erzählt.Über allem steht das Zitat der Malerin Annemirl Bauer, wenn wir heute nichts tun, werden wir morgen wie vorgestern leben. Und die Erkenntnis von allen Beteiligten, die Emanzipation der Frau ist das beste Erbe der DDR. Und ich finde, es ist eine wirklich gelungene und kurzweilige anderthalbstündige Geschichtsstunde.

Sendung: hr2-kultur, 28.8.2024, 7:30 Uhr