Audio "Kind aller Länder" oder "Land aller Kinder"? Utopie!
Die Themen Flucht und Migration sind von beklemmender Aktualität. Doch wie kann man Kindern und Jugendlichen davon erzählen? Das unternimmt das Berliner Performancekollektiv andcompany&Co. in seinem neuen Stück beim Festival "Starke Stücke". Es nimmt Bezug auf Irmgard Keuns Exil-Roman „Kind aller Länder“, heißt jedoch „Land aller Kinder“. Es geht darum, Gegenwart mithilfe der Vergangenheit besser zu verstehen.
Auf der Bühne stehen dabei Vertreter dreier Generationen: zwei elfjährige Mädchen, zwei Darsteller Anfang 30, zwei Ende 40. Es wird auf drei Ebenen von Flucht und Exil erzählt, davon, was es heißt, sich als Familie auf ungewisse Zeit und ohne sicheren Status in anderen Ländern einzurichten. Performativ ist es jeweils klar kenntlich, auf welcher Ebene jeweils gespielt und erzählt wird. Und auch die Bezüge zwischen den Ebenen sind einleuchtend. Es ist faszinierend, Gegenwart aus der Vergangenheit heraus auszuleuchten. Überraschenderweise kommt "Land aller Kinder" recht leichtfüßig und spielerisch daher.
Das hat einerseits mit Irmgard Keuns leichtem Erzählton zu tun, andererseits mit der künstlerischen Praxis von andcompany&Co., die oft mit dialogischen Spielen arbeiten: Da fordern beispielsweise die beiden Kinder Rokia Karschnia und Zümra Köseoglu die Erwachsenen immer wieder auf, bestimmte Begriffe zu erklären, Grenze, Asyl, Schlepper oder auch Verleger - und dieses dialogische, spielerische Miteinander hat eine große Leichtigkeit und Freude. Am Ende müssen sie sich in Ermangelung der Erwachsenen gegenseitig die Welt erklären, das ist ein sehr zarter, schöner, poetischer Moment.
Sendung: hr2-kultur, 1.3.2024, 7:30 Uhr