Audio Solide, aber harmlos: Deutsch-Pop-"Gänsemagd" in Hanau
Seit Freitag geht es wieder ein wenig märchenhafter zu in Hanau: Die Brüder-Grimm-Festspiele haben Premiere gefeiert - mit dem Musical-Märchen "Die Gänsemagd", für das ein eher unbekanntes Märchen der weltberühmten Hanauer Pate gestanden hat. Eine Prinzessin soll verheiratet werden – und wird mit einer Magd und dem sprechenden Pferd Falada auf den Weg geschickt zum Prinzen. Die Magd ist ihr leider nicht gut gesonnen, überwältigt sie, schlüpft in ihre Rolle und heiratet dann selbst den Prinzen. Die Prinzessin muss als Gänsemagd ihr Dasein fristen – und ihr treues Pferd wird auch noch geschlachtet, damit es nichts verraten kann. Der Pferdekopf hängt unter einem Torbogen, mit dem spricht sie jeden Tag: "Oh du Falada, du da hangest..." - das bekommt dann auch der König mit und alles geht gut aus. Und die verbrecherische Magd findet dann auch ein sehr blutiges Ende.
Das alles ist recht blutleer – auch wenn Blut an sich die größte Rolle spielt Die Welt der Gänsemagd ist in zwei Blutgruppen/-arten geteilt: Der Adel, die Schwerblüter gegen die Diener und Dienerinnen, die Leichtblüter. Das ist neu - und es wird auch aber eine etwas andere Geschichte erzählt. Die Magd Alma und die Prinzessin Rosa sind beste Freundinnen...und die Prinzessin tauscht freiwillig die Rollen und wird Magd. Allerdings geht das nicht gut: Alma wird hartherzig und gemein und es gibt einige Hindernisse zu überwinden, bevor es dann zum "und sie lebten glücklich..." kommt. Allerdings wird auch das Pferd geopfert.
Ein Sänger/Schauspieler trägt einen stilisierten Pferdekopf. Allerdings kann das Pferd Falada in dieser Version der Geschichte nur mit anderen Tieren sprechen – deshalb hab die Autorin Franziska Kuropka wahrscheinlich auch noch eine Wildgans mit reingeschrieben – die spielt und singt sie auch selbst. Pferd und Wildgans sind dann eine Art Kommentator-Duo und sollen die Handlung auch immer wieder humorvoll auflockern. Braucht es diese Auflockerung denn? Jein – die sorgen für die Lacher, manchmal wird’s halt auch ein bisschen länger Und gerade der erste Teil braucht ordentlich, um in Gang zu kommen – bis kurz vor der Pause haben Magd und Prinzessin nicht mal die Rollen getauscht…
Darsteller und Darstellerinnen schlagen sich sehr solide – da gibt’s keine Ausfälle, es kann aber auch keiner so richtig glänzen – es gibt keine großen Solo-Momente, keine großen Power-Balladen, keine Showstopper. Die Musik von Lukas Nimscheck, der auch Regie führt, ist Deutsch-Pop, Pop-Schlager – alles sehr gefällig – aber auch ein bisschen nüchtern. Da bleibt nichts im Ohr, genauso bei den Texten: Banal. Wenn der Prinz merkt, dass er getäuscht worden ist und eine Magd geheiratet hat, singt er "eine Magd, eine Magd, ich habe versagt". Welch Macht hat die Sprache der Brüder Grimm dagegen!
Musikalisch wird es also nicht so wirklich emotional – dazu viel leere Bühne, es wird mit Leitern und Stühlen gearbeitet, das ist zum Teil sehr klug inszeniert und auch die Choreographien stechen positiv heraus. Insgesamt bleibt das eine recht sachlich Angelegenheit, der Fokus liegt auf der Geschichte, die man hätte ein bisschen schneller erzählen können. Also: ein unaufgeregter Abend – für Familien lohnt sich das auf jeden Fall. Und es lohnt sich, mit seinen etwas älteren Kinder über die Unterschiede zwischen der Grimmschen Vorlage und der Neubearbeitung zu sprechen.
Sendung: hr2-kultur, 13.5.2024, 7:30 Uhr