Neven Allgeier im Nassauischen Kunstverein (Collage)

"Drown in Dreams", Ertrinken in Träumen, heißt die neue Ausstellung im Nassauischen Kunstverein Wiesbaden. Es ist eine Einzelausstellung des Künstlers Neven Allgeier, der 1986 in Wiesbaden geboren wurde. Unwirklich, irisierend, zwischen Himmel und Erde schwebend, golden. Das fängt schon auf dem Bürgersteig vor dem Kunstverein an. Da ist ein kleiner Springbrunnen, in dem sich giftgrünes Wasser befindet. Allgeier zieht den Betrachter in eine seltsam surreale Welt, die zwischen Natur und Künstlichkeit changiert, sehr poetisch, erzählerisch und auf eine gewisse Weise auch musikalisch. Die Fotografien wirken auch stark bearbeitet. Farbigkeit und Textur haben etwas unwirkliches. Gleichzeitig ist darin eine Art Wahrhaftigkeit.

Was ist das für eine Kunst, wie sehen die Arbeiten von Neven Allgeier aus?

Unwirklich, irisierend, zwischen Himmel und Erde schwebend, golden. Das fängt schon auf dem Bürgersteig vor dem Kunstverein an. Da ist ein kleiner Springbrunnen, in dem sich giftgrünes Wasser befindet. Das ist zwar eine Dauerinstallation, die man immer sehen kann, aber sie lenkt den Blick unmittelbar auf die ebenfalls giftgrüne Eingangstür der alten Villa in der Wilhelmsstraße. Über der Tür hängt jetzt eine große, hohe Fahne, die eine milchige Sonne über einem silberblauen milchigen Wasser zeigt. Zwischen dem Himmelskörper und seiner Spiegelung ist der Ausstellungstitel in einem 70er Jahre Neon-Schriftbild zu sehen. Verheißungsvoll und doch auch unheimlich.

Und löst sich dieses Versprechen dann in den Ausstellungsräumen ein?

Absolut. Neven Allgeier zieht den Betrachter in eine seltsam surreale Welt, die zwischen Natur und Künstlichkeit changiert, sehr poetisch, erzählerisch und auf eine gewisse Weise auch musikalisch. Er hat zwei Protagonisten, die er groß in Szene setzt: Das sind zum einen Portraits junger Menschen. Teils sehr junger Menschen, die fast noch kindliche Gesichter haben. Sie schauen oft frontal in die Kamera, kommen dem Betrachter sehr nahe. Diese intensiven Bilder kombiniert er mit Natur. Moosbewachsene Steine, die aussehen, als würden grüne Haare auf ihnen wachsen. Sonnenlicht, das sich im Wasser reflektiert. Sich auftürmende, dunkle Wolkenberge, immer wieder das Meer.

Welche Rolle spielen die Menschen, agieren sie irgendwie, haben sie Botschaften für uns?

Nein, nicht direkt. Neven Allgeier verrätselt seine Protagonisten. Vielleicht sind sie Botschafter ihrer Generation, man könnte sie so lesen. Sie schauen uns direkt an, dadurch entsteht eine Art Konfrontation. Viele tragen auffallende Kleidung und Accecoires. Die Augen oft stark geschminkt in pink und violett oder wie Spinnweben bemalt. Sie tragen Piercings und Baseballcaps, Sportkleidung und Netzhemden, die Männer haben teils lange Haare, die Mädchen teils ganz kurze. Manche wirken verträumt, manche traurig. Viele wirken ins sich gekehrt. Ein Bild zeigt einen jungen Mann mit auffallendem Ohrring, der die Arme vor der Brust gekreuzt hat, als würde er sich selbst halten. Er vermittelt den Eindruck von großer Sensibilität und Verletzlichkeit.

Es sind also Bilder, die sich von der Hochglanz-Inszenierung der Sozialen Medien unterscheiden? Geht es um das Erwachsen-werden in unserer Gegenwart von Krieg und Krisen?

Vielleicht. Der Künstler nimmt seine Protagonisten ernst. Und durch die Kombination mit Landschaften gibt er ihnen weitere mehrschichtige Bedeutungen: er zeigt sie neben goldenen Sonnenuntergängen, aber auch neben Bildern von toten Fischen und verdreckten Städten. Ich hatte bei der Betrachtung den Gedanken, dass die diese jungen Menschen daran erinnern, dass nicht nur Naturräume und Ökosysteme verletzlich sind, sondern wir alle, dass wir alle miteinander verbunden sind. Auch, dass es in dieser Welt, die manchmal so hoffnungslos erscheint, auch Lebendigkeit und Schönheit gibt.

Haben die Fotografien denn dokumentarischen Charakter?

Ich weiß nicht recht. Sie mäandern, sie changieren. Viele Aufnahmen sind zwischen Tag und Nacht entstanden, in der Dämmerung. Wir sehen veränderliche Welten, Dünen, Wellen, die jungen Leute, die auftauchen, inszenieren sich durch ihre Kleidung und ihr Erscheinungsbild. Die Fotografien wirken auch stark bearbeitet. Farbigkeit und Textur haben etwas unwirkliches. Gleichzeitig ist darin eine Art Wahrhaftigkeit. Man kriegt sie nicht zu fassen und genau das gefällt mir sehr.

Sendung: hr2-kultur, 6.9.24, 7:30 Uhr