Ein langes, reiches, eigenständig geführtes Lebens steht nicht selten im Widerspruch zu dem, was die meisten von uns an dessen Ende erwartet: die letzten Lebensjahre im Altenheim.

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Unweigerlich entstehen an diesem Ort Ambivalenzen auf vielen Ebenen. Während den Bewohnern nur noch wenig Zeit in ihrem Leben bleibt, steht auch das Pflegepersonal – wenn auch auf ganz andere Weise – unter hohem Zeitdruck. So begegnen sich Helfende und Hilfebedürftige unausweichlich eingezwängt in die Taktung des Betriebs. Hinter den vermeintlich banalen Gesprächen über das Wetter, den gewünschten Brotbelag und das gesundheitliche Befinden tritt vor allem eines zum Vorschein: die Ausweglosigkeit des Seins in der Zeit, die gnadenlos voranschreitet ohne die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur oder Einflussnahme.

"Fünf Flure, eine Stunde" ist ein Wahrnehmungsspiel. Alles was wir hören ist echt, und ist es auch wieder nicht. Luise Voigt wirft einen neuen, angst- und vorurteilsfreien Blick auf diese letzte Etappe des Lebens. In fünf Fluren von Alteneinrichtungen haben sie und ihr Team O-Töne aufgenommen. Und zwar am selben Tag (dem 20. Mai 2019) und zur selben Stunde (jeweils von 8 bis 9 Uhr). Diese fünf Stunden wurden als reiner Klang übereinandergelegt, transkribiert und durch junge Schauspieler nachgesprochen. Sie spielen exakt zurück, was tatsächlich stattgefunden hat. Aufgenommen in nur einem Take ist auch die Produktionsweise analog zum Material, die Aufnahme eines einzigen Livetakes ohne Schnitt und ohne vorproduzierte Musik oder Geräusche.

Was wie ein konzeptuelles Konstrukt wirkt, wird bald als Verdopplung der Situation im Pflegeheim erfahrbar: Alle Beteiligten stehen unter gewaltigem Zeitdruck, dürfen aber den Kontakt zueinander nie verlieren, brauchen höchste Aufmerksamkeit füreinander.

Entstanden ist eine performative Auseinandersetzung mit dem Lebensraum Altenheim, realisiert durch die Überführung der Zeitlichkeit des Pflegeheims in den Aufnahmeprozess. Sprache und Handlungen geben zu erkennen, was uns in der modernen Lebensrealität permanent umfasst: der eine Take, der unser Leben ist.

Mit Lisa Charlotte Friedrich, Philippe Ledun, Nele Niemeyer, Pirmin Sedlmeir und Anna Sonnenschein.

Live-Komposition: Milena Kipfmüller & Klaus Janek

Konzept & Regie: Luise Voigt

hr/SWR/Dlf Kultur 2020

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Luise Voigt,

geboren 1985, ist Regisseurin, Autorin und Medienkünstlerin mit Wohnsitz in Berlin. Sie arbeitet an verschiedenen Stadt- und Staatstheatern im deutschsprachigen Raum sowie für die Rundfunkanstalten hr, Deutschlandfunk Kultur und SWR. Als Hörspielmacherin erhielt sie bereits zahlreiche Auszeichnungen. Unter anderem gewann sie 2020 den Preis für das Beste Hörspiel des Jahres für "Die Jahre" von Annie Ernaux (hr). 2021 war sie zudem mit diesem Hörspiel "Fünf Flure, eine Stunde" für den renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden nominiert.

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Sendung: hr2-kultur, "Hörspiel", 13.10.2024, 14:04 Uhr.

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