In „Vati“ umkreist Monika Helfer das Leben ihres Vaters, der so anders sein möchte als die vielen autoritären Vaterfiguren der Nachkriegsliteratur. In der literarischen Recherche über den versehrten Kriegsheimkehrer, den Abwesenden, und die Kindheit der Autorin liegen Trost und Zusammenbruch nah beieinander. „Vati“ war 2021 für den Deutschen Buchpreis nominiert.

In „Vati“ führt Monika Helfer die Erzählung ihrer Familiengeschichte fort, die mit „Die Bagage“ begann. Im Zentrum steht nun ihr Vater, Josef Helfer, der ausdrücklich wollte, dass seine Kinder ihn „Vati“ nennen – eine liebevolle Geste eines Mannes, der anders wirken und anders sein wollte als die vielen autoritären Vaterfiguren der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur. Mit großem Gespür für die Vorlage hat Regisseurin Elisabeth Weilenmann den Roman als Hörspiel adaptiert: Die Figuren werden mit wenigen Strichen kontrastreich gezeichnet, und trotz der tragischen Schicksale gibt es Momente großer Freude und Hoffnung.

Monika Helfers Eltern begegnen sich im Lazarett: Zwei Versehrte, die beschlossen haben, ihre Last gemeinsam zu tragen. Der Vater, vom Krieg gezeichnet, leidet unter Traumata und hat ein Bein verloren. Er findet eine Anstellung in einem Erholungsheim für Kriegsopfer, wo die Kinder die glücklichsten Jahre ihrer Kindheit verbringen. Das Haus ist stets erfüllt von Musik, der Vater hat Zeit zum Lesen, und Hausangestellte sorgen für die tägliche Versorgung. Doch als das Erholungsheim einem Hotel weichen muss und die Mutter stirbt, werden die Geschwister auf Verwandte verteilt. Der Rückblick in die Vergangenheit folgt keiner linearen Erzählweise, sondern ist eine Collage aus Erinnerungen, Anekdoten und Reflexionen. Im Hörspiel wie auch in der Romanvorlage springt die Geschichte vor und zurück. Doch um den schweigsamen Vater bleibt eine Leerstelle zurück und ist, wie ein Traum, an den man sich erinnern will, nie ganz zu fassen. Trost und Zusammenbruch liegen nah beieinander. „Vati“ war 2021 für den Deutschen Buchpreis nominiert.

Monika Helfer, geboren 1947 in Au im Bregenzerwald, ist eine renommierte österreichische Schriftstellerin. In ihren Romanen und Erzählungen thematisiert sie oft familiäre und gesellschaftliche Schicksale, die sie auf eindringliche und persönliche Weise erzählt. Ihr bekanntestes Werk, „Die Bagage“, basiert auf der Geschichte ihrer eigenen Familie und spielt zur Zeit des Ersten Weltkriegs im ländlichen Vorarlberg. Helfers klare Sprache und ihre feinfühlige Beobachtungsgabe haben ihr zahlreiche literarische Auszeichnungen eingebracht. Sie gilt als eine der bedeutendsten Stimmen der zeitgenössischen österreichischen Literatur.

Elisabeth Weilenmann, geboren 1982 in Niederösterreich, begann schon im Studium, Hörspiele und Radiofeatures zu schreiben und zu inszenieren. Sie arbeitet seit 13 Jahren für diverse deutschsprachige Sender und gewann zahlreiche Preise, u.a. wurde das Hörspiel »Höllenkinder« von Gabriele Kögl, bei dem sie Regie führte, mit dem Prix Europa 2019 ausgezeichnet (ORF 2018).

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Sendung: hr2-kultur, "Hörspiel", 26.12.2024, 14:04 Uhr.

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