Konzertsaal
cresc-Biennale 2024 - Ryōji Ikeda
Ensemble Modern
Sendetermine
"Fadenspiele" war das Motto des diesjährigen cresc-Festivals und das konkretisierte sich im Casals-Forum in Kronberg zu reinen "Saitenspielen": drei Streicherkompositionen von Ryōji Ikeda, die ganz von verschiedenen Aspekten und Erscheinungsformen des Lichts inspiriert waren.
Ensemble Modern
Ryōji Ikeda (*1966):
"Mirror" one for two (2020-23)
"Prism" for string nonet (2023)
"Reflection" for string nonet (2022-23)
(Aufnahme vom 23. Februar 2024 aus dem Casals-Forum in Kronberg)
Bekannt geworden ist der 1966 in Japan geborene Ryōji Ikeda vor allem mit seinen großformatigen Klang- und Videoinstallationen, nachdem er zuvor lange Jahre als Performance-Künstler und im Bereich der experimentellen elektronischen Musik gearbeitet hatte. Sein Ausgangspunkt sind in der Regel mathematisch-abstrakte Strukturen und Daten, denen er künstlerisch Leben einhauchen möchte und sich dabei des ganzen Arsenals der heute zur Verfügung stehenden Technologien bedient.
Seit kurzem schafft Ryōji Ikeda auch rein akustische Kompositionen, nicht zuletzt inspiriert durch die Zusammenarbeit mit dem Ensemble Modern. Drei dieser Werke waren nach ihrer Uraufführung im Februar in Amsterdam nun beim Konzert in Kronberg zu hören: in "Mirror" wird der spiegelbildliche Aspekt nicht nur in der symmetrisch-krebsgangartigen Struktur des Notenmaterials, sondern auch optisch umgesetzt: die jeweils zwei Spielenden bewegen sich aufeinander zu und aneinander vorbei. Das meditativ-statische "Prism" geht aus von der Vorstellung des weißen Lichts, aus dem gewissermaßen klangliche Blöcke herausgeschnitten werden, und "Reflection" schließlich zeigt sich wuselig-bewegt in den hohen Stimmen, schreckt aber melodisch auch vor pathetischen, gelegentlich fast schon filmmusikalischen Wendungen nicht zurück.
Ein Konzertabend erfrischend abseits der erwartbaren Neue-Musik-Idiomatik, oder - wie der Komponist es selbst leicht lakonisch formuliert: "Die Musik ist mikroskopisch und sehr komplex, aber sie bleibt harmonisch. Ich möchte nichts schaffen, was zu seltsam und fremd ist. Es geht um die Herausforderung, etwas Ungewöhnliches zu erleben, was zugleich auch ein bisschen schön sein soll".
Am Mikrofon: Markus Hürtgen
Sendung: hr2-kultur, "Konzertsaal", 27.06.2024, 20:03 Uhr.