Für das Ensemble Modern war es fast schon ein Konzert mit "alter Musik": Werke aus dem Umfeld der "Roaring Twenties", bunt gemischt und facettenreich, mit dem charismatischen HK Gruber als Dirigenten und Arrangeur und einer vorzüglichen Solistin samt Männerquartett in Weills quasi Mini-Opernkantate.

Wallis Giunta, Sopran
Amarcord
Ensemble Modern
Leitung: HK Gruber

Paul Hindemith (1895-1963): 1. Kammermusik op. 24 (1921)
Erich Wolfgang Korngold (1897-1957): Suite aus der Schauspielmusik "Viel Lärm um Nichts" (1918-1920)
Arnold Schönberg (1874-1951): Begleitmusik zu einer Lichtspielszene op. 34 (1930, Fassung für Kammerorchester von Johannes Schöllhorn)
Kurt Weill (1900-1950): Die sieben Todsünden (1933, Fassung für Kammerensemble von Christian Muthspiel und HK Gruber)

(Aufnahme vom 11. März 2024 aus dem Mozart Saal)

Zu Beginn der 1920er Jahre hatte sich Paul Hindemith vor allem mit seinen verstörenden Operneinaktern als "Bürgerschreck" etabliert. Seine erste Kammermusik von 1921 komponierte er für das gerade gegründete Donaueschinger Musikfest, formal zwar noch angelehnt an die traditionelle Viersätzigkeit, ansonsten aber weitgehend pathosfrei mit motorisch wild-schnurrendem Gestus daherkommend.

Deutlich gemütlicher und gemäßigter geht es beim Wiener Komponisten-Wunderkind Erich Wolfgang Korngold zu. Schon mit 23 Jahren schrieb er seine bekannteste Oper "Die tote Stadt", die Schauspielmusik zu Shakespeares "Viel Lärm um nichts" entstand sogar noch früher 1920 für das Wiener Burgtheater. Nach seiner Emigration sollte Korngold in den USA großen Erfolg mit seinen Filmmusiken haben und bekam sogar zwei Oscars.

Für die Leinwand hat Arnold Schönberg zwar nie komponiert, aber er war als leidenschaftlicher Kinogänger fasziniert von den Möglichkeiten des neuen Mediums. Und ebenso unzufrieden mit den schematisch vorkonfektionierten Stummfilmmusiken. Als er 1930 den Auftrag zu einer "Begleitmusik für eine Lichtspielszene" bekam, sagte er daher sofort zu. Einen Film zu dieser Musik gab es allerdings nicht und sollte es - obwohl von Schönberg durchaus projektiert - nie geben.

"Die sieben Todsünden" schließlich verfasste Kurt Weill auf der Flucht vor den Nazis 1933 in Paris. Es war seine letzte Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht, eigentlich ein Ballett mit Gesang, wobei die Protagonistin Anna als Tänzerin für ihre aus der Ferne kommentierende Familie - gesungen von einem Männervokalquartett - das Geld für einen Hausbau herbeischaffen soll.

In der Alten Oper wurde die im Original auf eine Tänzerin und eine Sängerin aufgeteilte Rolle grandios umgesetzt von der irisch-kanadischen Mezzosopranistin Wallis Giunta und die Herren vom Ensemble "Amarcord" hatten hörbaren Spaß an ihren bissigen Kommentaren. Und natürlich ließ es sich der Chansonnier HK Gruber am Ende nicht nehmen, für den anhaltenden Applaus als Zugabe auch noch ein paar Songs zum Besten zu geben.

Sendung: hr2-kultur, "Konzertsaal", 20.06.2024, 20:03 Uhr.