Ab 8. Januar im Radio und in der ARD Audiothek Die eine geht, der andere bleibt: Iris Wolffs "Lichtungen"
Lev und Kato sind seit Kindertagen eng verbunden. Beide wachsen in einem kleinen Ort im Norden Rumäniens auf. Doch die Öffnung der Europäischen Grenzen treibt sie auseinander. Während Lev alten Pfaden folgt, reist Kato als Straßenkünstlerin durch Europa. Ein Roman vom Bleiben, Fortgehen und Wiederkehren – einfühlsam gelesen von Marek Harloff.
Die Geschichte von Lev und Kato wird als Reise in die Vergangenheit erzählt. Von dem Erzählanlass in der Gegenwart bis zu einer der frühesten Kindheitserinnerungen Mitte der Sechziger Jahre. Lev wächst während des Kommunismus auf, erlebt als Jugendlicher die Öffnung der Grenzen, als Erwachsener die Abwanderung großer Teile der Bevölkerung. Im Fokus der Erinnerungen steht vor allem die Freundschaft zwischen Lev und Kato. Sie kennen sich seit ihrer Kindheit, wachsen zusammen auf, werden beinahe ein Liebespaar. Dann ergreift Kato die erste Gelegenheit, Rumänien zu verlassen. Schuld und Verantwortungsgefühl verhindern lange, dass auch Lev eine Veränderung in seinem Leben zulässt.
Der größere Teil des Romans erzählt von der Ceaușescu-Ära. Wir erfahren von der Gleichzeitigkeit von Sprachen und Religionen, reisen durch verschiedene Regionen – Maramuresch, Siebenbürgen und Banat. In einem Atomkraftwerk bei Kiew passiert ein Unfall. Menschen verschwinden nach dem Besuch von Männern in grauen Anzügen und Lederschuhen. Und in immer mehr Familien reißt die Flucht in den Westen ein Loch. Aber während die große Geschichte vorbeizieht, rücken uns vor allem die privaten Schicksale der beiden Protagonisten nahe. Katos Außenseitertum, Levs schwächliche Konstitution, eine traumatische Nervenlähmung in den Beinen, das Geheimnis um den fehlenden Vater, die Republikflucht des Großvaters. Und vor allem: Ihrer beider wechselvolle Beziehung. Eine Geschichte über Freundschaft und Zugehörigkeit, die Prägungen und Festschreibungen der Herkunft – historisch reichhaltig und doch schwebend leicht erzählt.
Iris Wolff wurde 1977 selbst in Hermannstadt (rumänisch Sibiu) in Siebenbürgen geboren und kam als Kind mit ihrer Familie nach Deutschland. Die Autorin wurde für ihr literarisches Schaffen mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt, darunter mit dem Solothurner-Literaturpreis und dem Marie Luise Kaschnitz-Preis für ihr Gesamtwerk. Zuletzt erschien 2020 der vielfach ausgezeichnete Roman "Die Unschärfe der Welt". Die Autorin lebt in Freiburg im Breisgau.
Marek Harloff, 1971 in Hamburg geboren, gastierte u.a. am Schauspielhaus Bochum, am Deutschen Schauspielhaus Hamburg und am Deutschen Theater Berlin. Seit 2013 ist er festes Ensemblemitglied am Schauspiel Köln. Außerdem war er in Filmen wie "Der Skorpion" von Dominik Graf und "Der Schattenmann" von Dieter Wedel, sowie in vielen TV-Produktionen wie "Tatort" und "Charité" zu sehen.
Sprecher: Marek Harloff und Iris Wolff (Zitate)
Regie: Marlene Breuer
Ton und Technik: Thomas Rombach
Besetzung: Léon Haase
Assistenz: Natalie Gengnagel
Redaktion: Julika Tillmanns