Der Solarplexus ist ein komplexes, strahlenförmiges Netzwerk im Körper. Zwischen Magen und Aorta liegend, werden über das sogenannte Sonnengeflecht Informationen zwischen Gehirn und Organen ausgetauscht. Ältere Schriften verorten hier sogar einen Teil der Seele.

Was zunächst nach einer Anatomievorlesung des medizinischen Fachbereiches klingen mag, ist das Thema der diesjährigen Frankfurter Poetikvorlesungen von Aris Fioretos. Schon in seinen Fallgeschichten Atlas (dt. 2020) vermisst er die Grenzbereiche zwischen Körper und Seele und vermischt dabei Erkenntnisse der Medizin um 1900 mit der fiktionalen Geschichte der Romanfigur Nelly B. Das Buch wurde, wie die meisten des schwedischen Autors mit griechisch-österreichischen Wurzeln, von Paul Berf ins Deutsche übersetzt.

Der 1960 in Göteborg geborene Aris Fioretos ist gegenwärtig einer der vielseitigsten europäischen Intellektuellen. Neben Romanen wie u.a. Der letzte Grieche (dt. 2011), Nelly B.s Herz (dt. 2020) oder Die dünnen Götter (dt. 2024) hat er Essays wie Das Maß eines Fußes (dt. 2008) publiziert, aber auch die erste Werkausgabe von Nelly Sachs (2010-11) herausgegeben und zu Friedrich Hölderlin, Walter Benjamin und Paul Celan literaturwissenschaftlich gearbeitet. Seit 2010 lehrt er als Professor für Ästhetik an der Hochschule Södertörn bei Stockholm. Darüber hinaus ist er auch als Übersetzer, u.a. von Paul Auster, Vladimir Nabokov und Jan Wagner ins Schwedische, in Erscheinung getreten. Für sein bisheriges Werk wurde Aris Fioretos vielfach ausgezeichnet: u.a. mit dem Literaturpreis der SWR-Bestenliste (2011), dem Jeanette Schocken Preis der Stadt Bremerhaven (2017). Außerdem erhielt er 2020 das Bundesverdienstkreuz.

Wir senden einen gekürzten Mitschnitt der zweiten Poetikvorlesung vom 11.06.

Sendung: hr2-kultur, "Literaturland Hessen", 11.08.2024, 12:00 Uhr