Literaturland Hessen | Textland
Sendetermine
Beim Blick in die Welt kann einem manchmal das Lachen vergehen. Dabei ist Humor so wichtig, um nicht die Hoffnung zu verlieren - und gerade in der Literatur kann Humor eine ganz eigene, subversive Kraft entfalten.
Das "Textland"-Literaturfestival setzte sich im vergangenen Dezember mit der dynamischen Entwicklung von Literatur in unseren pluralen Lebenswelten auseinander. In einer Zeit sich zuspitzender Frontenbildung gesellschaftlicher und politischer Lager folgte das Literaturfest dem Motto "Humor als Widerstand".
Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Genres zeigten an zwei Tagen, wie der Einsatz von Humor in Prosa, Lyrik und Performance-Kunst positive Gesprächsdynamiken zu fördern vermag. Mit dem Fokus auf die Wirkmacht des Humors und dessen Spielarten – vom schwarzen Humor und Wortwitz über die Groteske und Parodie bis zur Ironie und Satire – tauschten sich Autorinnen und Autoren untereinander aus, die nicht nur in vielfältigen Genres, sondern auch in der Multikulturalität des deutschen Sprachraums beheimatet sind. Wir senden die gekürzten Mitschnitte von zwei Lesungen und Gesprächen vom 7. Dezember 2024 aus dem Literaturhaus Frankfurt:
"Radio Sarajevo" Der diesjährige Bachmann-Preisträger Tijan Sila lässt in "Radio Sarajevo" seine Kindheit Revue passieren. Als Sarajevo in Flammen steht, wird aus dem Jungen ein junger Mann, der zu überleben lernt. Der autobiographische Roman erzählt davon, wie Dichter zu Mördern werden und Mörder zu Helden, erzählt von Menschen, denen jede Menschlichkeit genommen wurde. "Dieses Buch pflegt eine Qualität, die selten ist in der deutschsprachigen Literatur: das Tragikomische", hob Philipp Tingler im Literarischen Quartett hervor.
Tijan Sila | Geboren 1981 in Sarajevo, kam 1994 als Kriegsflüchtling nach Deutschland. Er studierte Germanistik und Anglistik in Heidelberg. 2017 erschien sein erster Roman "Tierchen Unlimited", 2018 folgte "Die Fahne der Wünsche", 2021 "Krach". Zuletzt erschien sein autobiographisches Buch "Radio Sarajevo" (2023) bei Hanser Berlin. Darüber hinaus veröffentlichte er Essays in der ZEIT, der taz und der Freitag. 2024 erhielt er den Ingeborg-Bachmann-Preis. Tijan Sila lebt in Kaiserslautern
"Minihorror" | In "Minihorror" nimmt Barbi Marković zu den Abenteuern von Mini und Miki im Wiener Alltag mit. Als Fremde bemühen sie sich, dazuzugehören und alles richtig zu machen, werden aber trotzdem von Monstern, Katastrophen und Schwierigkeiten verfolgt. Die diesjährige Empfängerin des Leipziger Buchmesse-Preises beleuchtet in "Minihorror" die großen und kleinen Albträume des Mittelstands, die Abgründe, die sich im Alltag auftun und nicht mehr schließen wollen. "Ein innovatives, zynisches und höchst amüsantes Buch", findet Rezensentin Jolinde Hüchtker.
Barbi Markovic | Geboren 1980 in Belgrad, lebt seit 2006 in Wien, 2011/2012 als Stadtschreiberin in Graz. 2009 machte Marković mit dem Thomas -Bernhard- Remix- Roman "Ausgehen" Furore. 2016 erschien der Roman "Superheldinnen", für den sie zahlreiche Preise erhielt. 2018 wurde "Super heldinnen" im Volkstheater Wien aufgeführt. Zuletzt im Residenz Verlag erschienen: "Die verschissene Zeit" (2021) und "Minihorror" (2023).
Moderation | Maryam Aras ist Literaturwissenschaftlerin, Kritikerin und Autorin. Ihre Essays und Texte erscheinen u.a. bei Die Presse, in der Berliner Zeitung und im Deutschlandfunk Kultur. Maryam kuratiert und moderiert Literaturveranstaltungen und arbeitet als Übersetzerin und Literaturvermittlerin persischsprachiger Lyrik und Prosa. Wissenschaftlich beschäftigt sie sich vor allem mit Postkolonialität und Rezeptionsmustern von BPoC-Autor*innen in der deutschsprachigen Kritik.
Das Textland Literaturfest ist ein jährlich stattfindendes Festival. Seit 2018 hat es sich als Veranstaltungsformat etabliert und wird als Bühne radikaler Vielfalt wahrgenommen. Auf ihr kommen literarische und journalistische Stimmen zu Wort, die unterschiedliche Narrative zu den wachsenden Herausforderungen einer pluralistischen Gesellschaft präsentieren.
In lebendigen Gesprächen und Diskussionen nehmen die Autor:innen Themen wie struktureller Rassismus, Diskriminierung und Stigmatisierung unter die Lupe und suchen nach Wegen, die langfristig in eine inklusive Form des Zusammenlebens münden können. Dies geschieht im Rahmen eines Prozesses, der neue Perspektiven auf Wirklichkeit eröffnet. Zentrales Anliegen von Textland ist hierbei, die besondere Leistung von Literatur und Theater als fiktionalen Reflexionsraum für die Aushandlungen des Politischen deutlich zu machen.
Sendung: hr2-kultur, "Literaturland Hessen", 26.01.2025, 12:04 Uhr