The Artist's Corner | Gerhard Rühm 95
Hugo Wolf und drei Grazien
Sendetermine
Hugo Wolf (1860-1903) verbrachte seine letzten Jahre in der Niederösterreichischen Landesirrenanstalt. Das tragische Finale eines Komponistenlebens, in dessen Verlauf es drei intensive Liebesbeziehungen gab: mit Vally Franck, mit Melanie Köchert-Lang und mit der Sängerin Frida Zerny.
Diese biografische Konstellation wäre andernorts die Basis für ein Melodram oder realistisch-psychologisierendes Hörspiel. Nicht so beim Pionier des intermedialen Spiels mit Texten.
Der in Wien und Köln lebende Dichter, Künstler und Hörspielmacher Gerhard Rühm, der am 12. Februar 95 Jahre alt geworden ist, überträgt das lang gehegte Vorhaben eines Sprechstücks für fünf Stimmen, von denen jede nur Wörter mit einem der Vokale u, o, a, e oder i spricht, auf die Situation des späten Wolf.
"Wolfs Gedanken", so Rühm, "kreisen im 'Letzten Akt' obsessiv um dieselben Begriffe, um drei emotional zentrale Bezugspersonen seines Lebens (die drei 'Grazien') - ein psychopathologisches Verhalten, das unter die von Schizophrenen bekannten Sprachphänomene fällt: Verbigeration, das stereotype Repetieren aus dem Zusammenhang gerissener Wörter und Satzfragmente und ihre Begriffsverwischung, sowie Agglutination, die zeitliche Isolierung einzelner Wörter, der Zerfall des Redeflusses bis hin zum totalen Sprachverlust."
WDR / hr 2015 / | 40 min.
Sprecher: Monika Lichtenfeld und Gerhard Rühm
Sendung: hr2-kultur, "The Artist's Corner", 12.04.2025, 23:00 Uhr.